Mentale Einstellung auf dem Golfplatz: Mit der richtigen Balance
Die Saison ist noch früh, doch die Emotionen kochen bereits hoch. Das zumindest war meine Einschätzung, als ich in den vergangenen Wochen bei zwei Zählspielturnieren mit am Start war. Mein eigenes Spiel war noch nicht auf der Höhe, aber immerhin stimmte die emotionale Balance. Was nicht bei allen Mitspielern so war.
Eine Runde durfte ich mit einem Single-Handicapper bestreiten, der letztlich einen Score in den 70ern am ersten Tag des Turniers ins Clubhaus brachte. Ein respektables Ergebnis, wenn man bedenkt, dass die Saison gerade erst gestartet war und er auch kein ganz niedriges Handicap hatte. Problematisch dabei: Nahezu bei jedem Schlag gab es das große Drama. "Du schwingst so schlecht", "du kannst es einfach nicht" oder "was willst du hier eigentlich?" waren die noch eher sanften Worte, die sich die Mitspieler nach nahezu jedem Schlag anhören mussten. Das interessante dabei: Der Typ war jetzt nicht das ganz große Talent, aber er schaffte es immer wieder, ein Par zu kratzen. Allerdings mit recht hohen Kosten – für die Mitspieler. Denn das Karma, das diese Golfer ausstrahlte, war eher suboptimal, um halbwegs freundlich zu bleiben. Dazu kamen vier bis fünf Probeschwünge und generell sehr viel Zeit, bis es dann endlich zum für ihn selber stets enttäuschenden Schlag kam.
Was mir im Kopf blieb: Warum spielt so einer eigentlich? Besonders viel Spaß scheint er dabei nicht zu haben. Und ja, Ehrgeiz ist beim Golf durchaus relevant. Aber diese Ausprägung ist sicherlich nicht hilfreich.
Ganz anderes Beispiel beim ersten Mannschaftsspieltag. Einer meiner Mitspieler benötigt auf dem ersten Loch, einem nicht allzu schweren Par 4, acht Schläge. Und es war wirklich kein einzig guter dabei, denn selbst auf dem Grün unterlief ihm noch ein Drei-Putt aus fünf Metern. Ich bildete mir ein, seine Anspannung zu fühlen. Im Laufe der Runde wurde es etwas besser, aber der Score war natürlich schnell über alle Berge. Etwas Positives gab es aber dennoch zu berichten: Der Spieler, ebenfalls ein Single-Handicapper, nahm es relativ gelassen und wurde weder gegen sich selber ausfallend noch für seine Mitspieler störend. Als wir uns auf den zweiten Neun ein wenig über das Leben unterhielten, erzählte er mir von seinem jungen Sohn und ich merkte, dass er als Person in sich ruhte und zudem abseits des Golfplatzes zufrieden und erfolgreich ist.
Der Score wird nicht immer stimmen. Ja, er wird sogar öfter hoch oder "schlecht" ausfallen, da Golf einfach ein sehr schwieriger Sport ist und wir Amateure meist zu wenig trainieren und zu selten mit Drucksituationen konfrontiert werden. Ein Profi befasst sich etwa sechs Stunden am Tag mit Golf: Training, Spieltag, Fitness, Mobilität, Mentales. Zudem stimmt er seine Ernährung auf seinen Sport ab und optimiert jeglichen Bereich. Wir hingegen springen nach der einstündigen Anfahrt aus dem Auto, wärmen und eine halbe Stunde auf und meinen, dass wir maximal fünf über Par spielen dürfen.
Die Erwartungshaltung ist nicht einfach und hängt auch sehr stark von der Persönlichkeit ab. Aber eins sollte jeder beherzigen: Golf sollte Spaß machen! Selbst wenn der Score ab und an daneben geht. Wer das nicht schafft, muss sich überlegen, ob er mit diesem Sport wirklich seine Zeit verbringen möchte.